Ein Grundeinkommen ist ein Einkommen, das eine politische Gemeinschaft bedingungslos jedem ihrer Mitglieder gewährt. Es soll
- die Existenz sichern und gesellschaftliche Teilhabe ermöglichen,
- einen individuellen Rechtsanspruch darstellen sowie
- ohne Bedürftigkeitsprüfung und
- ohne Zwang zu Arbeit oder anderen Gegenleistungen garantiert werden.
Das Grundeinkommen stellt somit eine Form von Mindesteinkommenssicherung dar, die sich von den zur Zeit in fast allen Industrienationen existierenden Systemen der Grund- bzw. Mindestsicherung wesentlich unterscheidet. Das Grundeinkommen wird erstens an Individuen anstelle von Haushalten gezahlt, zweitens steht es jedem Individuum unabhängig von sonstigen Einkommen zu, und drittens wird es gezahlt, ohne dass eine Arbeitsleistung, Arbeitsbereitschaft oder eine Gegenleistung verlangt wird.
Für ein Grundeinkommen werden viele Argumente angeführt:
- mehr Autonomie für Unternehmerinnen und Unternehmer durch deren Befreiung von der Verantwortung als „Arbeitgeber“,
- mehr Autonomie für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer durch die grundsätzliche Möglichkeit der Nicht-Erwerbstätigkeit bzw. einer sinnvollen Tätigkeit außerhalb der Erwerbsarbeit,
- mehr Autonomie für alle durch die Sicherung von Existenz und einer Beteiligung am gesellschaftlichen Leben ohne Wenn und Aber,
- größere Unabhängigkeit bei der Suche nach einem Erwerbseinkommen,
- größere Verteilungsgerechtigkeit,
- Anreiz zu größerer Wertschöpfung und zu Rationalisierung,
- Flexibilität des Arbeitsmarktes,
- größere Effizienz des Sozialstaates,
- Wahrung der Würde aller Menschen und die Beseitigung von Stigmatisierungen vor allem bei den gegenwärtig Erwerbslosen und Sozialhilfebeziehern,
- Humanisierung der Arbeit,
- Förderung der Bildung,
- Stärkung der Familien und Steigerung der Geburtenrate,
- Förderung von Existenzgründungen wie auch von ehrenamtlichen Tätigkeiten,
- Förderung von Kreativitätspotenzialen durch die Möglichkeit der Muße
und vieles mehr.
Diese guten Gründe für ein Grundeinkommen gelten in jeder Gesellschaftsordnung und bei Vollbeschäftigung ebenso wie bei Arbeitslosigkeit. Aber es ist das Scheitern aller bisherigen Versuche zur Lösung des Problems der Massenarbeitslosigkeit, wodurch in den letzten Jahrzehnten die Grundeinkommensidee weltweit immer mehr Rückhalt bei Bürgerinnen und Bürgern, in der Wissenschaft und in Organisationen gewonnen hat. In Deutschland nimmt seit der Verabschiedung der Hartz-IV-Gesetze Mitte 2004 das Interesse am Grundeinkommensvorschlag stark zu. Er wird als grundlegende Alternative zur Politik des Druckausübens auf Erwerbslose und Sozialhilfebezieher und zur zunehmenden Prekarisierung gesehen. In der ganzen Welt schließen sich mehr und mehr Menschen in Netzwerken zusammen, um das Grundeinkommen durchzusetzen. Das deutsche Netzwerk Grundeinkommen wurde 2004 gegründet. Es ist der deutsche Zweig des Basic Income Earth Network (BIEN).
Gleichwohl sind viele mit dem Grundeinkommen nicht einverstanden. Es gibt Diskussionen um die richtige Höhe des monatlichen Betrags, um die Wirkungen auf die einzelnen Bürgerinnen und Bürger sowie auf die Gesamtwirtschaft und das politische Gemeinwesen. Immer wieder wird auch bezweifelt, dass eine Finanzierung überhaupt möglich sei. Diesen Argumenten und Vorbehalten haben wir unsere Haltung gegenübergestellt und in Fragen und Antworten zusammengefasst. Die Erörterung soll für Klarheit sorgen und dazu beitragen, eine breite Unterstützung für die Forderung nach dem bedingungslosen Grundeinkommen zu erlangen.
Es gibt eine große Bandbreite von Modellvorschlägen. Sie unterscheiden sich in der Höhe des Grundeinkommensbetrags, in den Quellen seiner Finanzierung, in der Art und Größe der Einsparung anderer Transferzahlungen, im Verhältnis zu den Sozialversicherungen, bei arbeitsmarkpolitischen Regulierungen und in vielen weiteren Einzelheiten.
Viele namhafte Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler haben sich weltweit für ein Grundeinkommen ausgesprochen, unter ihnen zwei Nobelpreisträger der Wirtschaftswissenschaften. Die Forschung zu diesem Thema wird immer intensiver. In einigen Ländern beginnen Spitzenpolitikerinnen und -politiker, auch von Regierungsparteien, die Grundeinkommensidee zu unterstützen. Die Literatur zu den ökonomischen, sozialen, politischen, ethischen und rechtlichen Aspekten des Grundeinkommens wächst unablässig.
Zur Geschichte der Grundeinkommensidee siehe z.B. den englischsprachigen Text History of Basic Income von Philippe Van Parijs und den umfassenden Aufsatz von Ronald Blaschke Denk’ mal Grundeinkommen! – Geschichte, Fragen und Antworten einer Idee“.