Von Judith Hafner aus Südtirol stammt das Gedicht Bitte wenden! zum Grundeinkommen, das sie zum Abschluss des 14. BIEN-Kongresses in Ottobrunn vorgetragen hat.
Bitte wenden!
(Für Deutschland: Hartz oder Herz )
In der Welt, wie wir sie kennen,
definiert unser Gehalt,
was wir „unser Leben“ nennen:
Essen, Schlafen, Aufenthalt.
Wie wir Leben neu gestalten,
ist in diesem Denkmodell,
leider Gottes nicht enthalten:
wer nicht sputet, der wird schnell
aus dem Raster fallen
und das Raster droht uns allen.
Deshalb sputen wir und rennen,
anstatt zu verweilen,
um einander zu erkennen
und am Leben mit zu feilen.
Denn: „Ein Mensch muss sich beeilen!“
Ja, mit einem Grundeinkommen
würde dieses Hamsterrad
aus den Käfigen genommen
und wir stünden vor dem Pfad
wirklicher Entscheidung:
Will ich Sinn oder Vermeidung?
Bin ich mutig oder klein?
Bin ich frei oder allein?
Was ich bin und was ich lebe,
stünde plötzlich in der Schwebe.
Wenn wir unsern Zwang entfernen,
-das sei uns bewusst-
müssen wir als Menschen lernen,
die befreite Lebenslust
neu zu integrieren,
uns als Menschen neu zu spüren.
Spüren sind wir nicht gewohnt:
Uns verbindet, was sich lohnt
oder was wir denken.
Uns zu spüren, uns zu schenken
wäre das Mandat.
Das ist bestenfalls privat.
Dieses Leben will mit Wucht
zwischen uns pulsieren
und wie leicht wird es zur Sucht,
die wir konsumieren.
Leben nach dem Hamsterrad
ist für Hamster schwer.
Wasser kocht bei 100 Grad,
aber hier kocht mehr.
Um da wirklich einzutauchen,
-und das ist ein Segen!-
werden wir einander brauchen
wie der Wald den Regen.
Dieses Neue wird nicht starten
und das Alte schwinden,
wenn wir aufeinander warten.
Nur wenn wir uns überwinden
und uns konsequent
in die Herzenskraft begeben,
wird uns das, was heute trennt,
morgen neu beleben.
Diese Kraft aus unserm Herzen
halten wir noch auf Distanz.
Doch mit ihr ist nicht zu scherzen,
denn sie will uns, und zwar ganz!
Leben ist die Leidenschaft,
neues mit vereinter Kraft
fließend zu gestalten.
Bitte wenden, weg vom Alten!
Judith Hafner (September 2012)